Kellnern gehen statt Schule, Hunde hüten statt Therapie. Seine Auslandsmaßnahme beschreibt das ehemalige Heimkind Jens Espe als "Katastrophe". Das Bochumer Jugendamt hatte ihn als 14-Jährigen über den Jugendhilfeträger "Life" in die Türkei geschickt.
Bild 1 vergrößern Jens Espe wurde durch WDR Berichte über Auslandsmaßnahmen wachgerüttelt
Jens Espe macht sich gerade mit einer Firma für Veranstaltungstechnik selbstständig. Für den 30-jährigen Duisburger war es bis dahin ein langer Weg. Ohne Hauptschulabschluss ging für das ehemalige Heimkind beruflich kaum etwas. "Bisher musste ich mich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen", erzählt der Duisburger. Dass viel schief gelaufen ist in seinem Leben, habe auch mit der Auslandsmaßnahme in der Türkei zu tun. Als 14-jähriger war er über das Jugendamt Bochum nach Antalya geschickt worden.
Unterkunft in einer fensterlosen Hütte
Wachgerüttelt wurde er durch einen WDR Bericht über das ehemalige Heimkind "Paul". Der 11-jährige "Paul" war 2014 ebenfalls im Rahmen einer "individualpädagogischen Einzelbetreuung" im Ausland – untergebracht bei einem Handwerker auf einem heruntergekommenen Bauernhof. Verantwortlich für die Maßnahme war derselbe Jugendhilfeträger: Die Firma "Life" aus Bochum. Pauls Schicksal erinnert Jens sein eigenes. „Ich war in einer Hütte untergebracht - eine umgebaute Scheune, ohne Fenster, ohne Türen.“ Im Winter habe er alles selbst abgedichtet.
Von pädagogischer Begleitung keine Spur
Von pädagogischer Begleitung durch seine Betreuerin habe überhaupt keine Rede sein können. „Sie hat sich mehr um sich selber gekümmert. Nach einiger Zeit war ich mir völlig selbst überlassen.“ Richtige Gespräche haben nicht stattgefunden: „Sie hat sich manches angehört, aber das war’s auch schon.“ Dafür habe er sie beim Umbau ihres Hauses unterstützen müssen oder auf die Hunde aufpassen müssen, wenn sie weg war.
Über ein Jahr ohne Schule
Besonders eines ärgert Jens: „Schule hatte ich überhaupt nicht. Ich hab mehr Langeweile gehabt als alles andere.“ Ärgerlich vor allem, weil genau in der Schule seine Probleme lagen. „Diese Probleme hätte ich in Deutschland lösen müssen.“ Zudem habe seine Betreuerin Alkoholprobleme gehabt. „Nach einem Jahr bin ich einfach abgehauen. Ich hab es nicht mehr ausgehalten.“ Monatelang habe er sich mit Jobs in Cafés durchgeschlagen – bis er sich in der Botschaft in Ankara gemeldet habe.
Stadt Bochum arbeitet mit "Life" zusammen
Zu den Vorwürfen von Jens Espe will „Life“ keine Stellung nehmen. Auch die Stadt Bochum hat zu dem Fall, der 15 Jahre her ist, momentan nichts zu sagen. Dabei arbeitet man in mehreren Maßnahmen mit "Life" zusammen. Aber welche gab es bisher überhaupt? Hat man sich von der Firma "Life" belegen lassen, ob dass das, was bezahlt wurde, auch tatsächlich stattgefunden hat? Inzwischen liegt eine Anfrage der CDU Bochum vor, die in die gleiche Richtung geht. Antwort der Verwaltung: Auslandsmaßnahmen-Maßnahmen würden vom Jugendamt generell "überwacht". Von schriftlichen Belegen ist aber hier nicht die Rede.
Gegen "Life"-Chef Gerd Lichtenberger wird ermittelt. Es besteht der Anfangsverdacht des Betruges
Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen "Life"-Chef Gerd Lichtenberger. Im Fall "Paul" könnte mit einem Kind einfach Kasse gemacht worden sein. "Da besteht hat Anfangsverdacht des Betruges", so Staatsanwältin Anette Milk. "Weil die Firma 'Life' dem Jugendamt Leistungen in Rechnung gestellt haben könnte, die sie gar nicht erbracht hat."
Gerd Lichtenberger reagiert überrascht, dass wegen möglichen Betruges gegen ihn ermittelt wird. Äußern will er sich dazu nicht. Sein ehemaliger "Schützling" Jens Espe hat hingegen lange gebraucht um mit den Folgen des Auslandsaufenthaltes in der Türkei fertig zu werden. „Im Endeffekt war hinterher alles genauso, nur noch einen Tacken schlimmer. Ich habe keinen Schulabschluss geschafft.“
Heute, 15 Jahre nach dem Auslandsaufenthalt, versucht Jens etwas für seine Zukunft zu tun, sich selbstständig machen. Die Zeit als "Heimkind", verschickt in die Türkei, hat er endlich hinter sich gelassen.
Das Kindeswohl ist zu schützen. Um jeden Preis!? Zunächst mag man davon ausgehen, dass bei einer Inobhutnahme Jugendamt und Familiengericht richtig handeln. Lieber ein Kind zu viel aus der Familie herausgeholt, als abermals ein Kind zu riskieren, über dessen Tod wir in den Medien erfahren. So wäre auch unsere Denkweise gewesen, wären da nicht die vielen Missstände, die seit Jahren, gar Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Deutschen Jugendhilfe zu beklagen sind.
Der Streit zwischen der Stadt Wien und dem Innenministerium über aus Traiskirchen abgängige Kinder und Jugendliche geht weiter. Laut Fonds Soziales Wien waren am Montag wieder Kinder und Jugendliche in Traiskirchen nicht auffindbar.
Am Freitag waren 14 von 37 Kindern in Traiskirchen nicht auffindbar. Der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker sprach von einem „Skandal“ und verlangte Konsequenzen - mehr dazu in Flüchtlingskinder in Traiskirchen nicht zu finden. Das Innenministerium wies die Kritik zurück und sprach von vier abgängigen Jugendlichen aus Afghanistan - mehr dazu in Asyl: Noch vier Jugendliche abgängig. Möglicherweise seien die Kinder über den Zaun geklettert und hätten sich auf den Weg in ein anderes Land gemacht.
Fünf Kinder nicht angetroffen
Am Montag wurden wieder 14 Kinder und Jugendliche aus Traiskirchen abgeholt, um sie in Wiener Einrichtungen unterzubringen. Zwei Kinder wurden in ein Kriseninterventionszentrum gebracht, zwölf - sechs Geschwisterpaare - in eine Einrichtung des Samariterbundes in Ottakring. Fünf Kinder wurden nicht angetroffen, hieß es vom Fonds Soziales Wien gegenüber Ö1.
ORF
Auspacken in Ottakring
Das Innenministerium weist diese Darstellung zurück. Es gehe um vier Kinder und Jugendliche. Ein Kind habe aus medizinischen Gründen nicht nach Wien gebracht werden können. Drei seien spazieren gewesen, als sie überstellt werden sollten. „Es gibt Verträge. Da steht drinnen, dass eine 24-Stunden-Betreuung zu gewährleisten ist. Es geht um 13- bis 15-Jährige, die wir im Augenblick vermissen. Ich halte das für inakzeptabel, wenn diese Kinder in staatlicher Obhut sind“, sagte Flüchtlingskoordinator Hacker.
Mehrere Kinder plötzlich aufgetaucht
Hacker wolle auf die Erklärungen des Ministeriums nicht mehr eingehen, sagte er gegenüber „Wien heute". „Ich habe keine Lust, mich mit Pressesprechern des Innenministeriums herumzuschlagen über die Frage, wie viele Kinder über Zäune nach innen oder außen geklettert sind. Faktum ist, dass nicht nur Kinder fehlen, es wurden auch Kinder von uns mitgenommen, die auf keiner Liste waren. Nach der Logik des Innenministeriums muss es dort so schön sein, dass sie hineingekraxelt sind“, so der Flüchtlingskoordinator. Wien könne und wolle die Zustände in Traiskirchen nicht akzeptieren. „Das ist der Grund, warum wir gesagt haben, dass wir diese Kinder aus Traiskirchen holen. Das war kein einmaliges Angebot, sondern ist ein dauerhaftes“, so Hacker.
Ein jahrelanger Sorgerechtsstreit der Eltern reicht aus, damit ein Kind im Heim landet. Diese folgenschwere Entscheidung wird aber offenbar häufig zu schnell getroffen.
„Nicht nass werden und nicht kalt werden, das ist wichtig“, so lautet die Überlebensformel einer 17jährigen, die auf der Straße lebt. Sie kommt eigentlich aus München, lebt aber seit zwei Monaten in Berlin, ohne festen Wohnsitz. Sie hat mit 14 ihren ersten Antrag auf Jugendhilfe gestellt. Aber ihr sei nie richtig geholfen worden, klagt sie an. Als wir sie treffen, ist ihr Zuhause ein kleines Zelt, das in irgendeinem Park in Berlin steht.
Wie viele Jugendliche so leben wie sie, weiß niemand. Vielleicht einige tausend bundesweit. Die zuständige Bundesjugendministerin Manuela Schwesig sagt im Interview mit ZDFzoom, man habe kein Instrument, um Kinder und Jugendliche ohne Wohnung zählen zu können. Doch wo es keine Zahlen gibt, existiert auch kein Problem. In der Politik, gibt die Ministerin zu, setze erst langsam ein Umdenken ein.
Oft sind die Jugendlichen aus ihren Familien geflohen. Viele von ihnen wurden misshandelt, einige missbraucht. Das deutsche Jugendhilfegesetz gilt als vorbildlich. Jeder Jugendliche hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung. Doch die Praxis sieht anders aus. ZDFzoom kann an vielen Stellen in Deutschland dokumentieren, dass tagtäglich Recht gebrochen wird.
Zudem wird die Arbeit von Ämtern, Kinderheimen, Notunterkünften, Streetworkern etc. nicht koordiniert, es fehlt die Vernetzung. Der Fehler dafür liegt im System. Dabei ist bei den Straßenkindern oft Eile geboten: Denn je länger ein Jugendlicher auf der Straße lebt, desto schwieriger ist es, ihn wieder zu integrieren – und damit kostet er die Gesellschaft am Ende viel Geld.
ZDFzoom-Reporterin Stephanie Gargosch trifft Straßenkinder in Deutschland. Sie begleitet die Jugendlichen durch ihren eintönigen Alltag und die Nächte. Sie bekommt mit, wie die Jugendlichen ihre Schlafplätze aussuchen und welche Antworten ihnen die Behörden geben. Und die Autorin zeigt, wie Dänemark Jugendlichen hilft, vom Straßenleben weg zu kommen.
Wie kann es sein, dass die Machenschaften jahrelang nicht bemerkt werden? Bei der Unterbringung von Kndern und Jugendlichen werden die Jugendämter nicht kontrolliert. So bestätigt das Landesjugendamt Westfalen gegenüber WESTPOL: "Informations- oder Meldepflichten gegenüber dem Landesjugendamt bestehen nicht. Daten werden hier nicht erhoben." Niemand kontrolliert, welche und wie viele Kinder gerade im Ausland sind.
WESTPOL hat bei den 187 kommunalen Jugendämtern im Land nachgefragt, mehr als 70 Prozent der Behörden haben geantwortet. Ergebnis: 247 Kinder und Jugendliche sind in 22 Ländern untergebracht - mehr oder weniger über den ganzen Globus verteilt. Was dort genau geschieht, können theoretisch nur die Jugendämter wissen, die Kinder dorthin geschickt haben. Einige treffen ihre Schützlinge dort zweimal im Jahr. Andere beurteilen die Situation der Kinder nur vom Schreibtisch. Eine übergeordnete Aufsicht existiert nicht.
Landshut – Die Eltern glaubten, ihre Zwillinge seien in der Kita gut behütet. Bis sie Devid (3) mit geschwollener Nase und blutverschmiertem T-Shirt abholten. Eine Erzieherin soll ihm das angetan haben – weil er einen Kieselstein nach ihr warf! WURDE DEVID IM KINDERGARTEN BRUTAL BESTRAFT? ► Rückblick: Als Nina Wabischewitsch (28) am 15. Juli in die Kita im bayerischen Moosthenning kam, weinten ihre Söhne. Devid war verletzt. Die Mutter: „Zuerst hieß es nur, er sei gestürzt.“
Vergrößern Suchen jetzt einen neuen Kitaplatz: Alexander (28), Devid (3) und Nina Wabischewitsch (28)
Foto: Siegfried Kiener
Der Kleine kam ins Krankenhaus, wurde unter Vollnarkose operiert. Vater Alexander Wabischewitsch (28): „Die Nasenscheidewand hatte sich verschoben.“ Erst Tage später erfuhren die Eltern von einer zweiten Erzieherin, was im Kindergarten tatsächlich passiert sein soll. Die stellvertretende Kita-Leiterin Lilo B.* (53) soll ausgerastet sein, als Devid beim Spielen im Garten mit einem kleinen Stein warf. Alexander Wabischewitsch: „Sie hat ihn dann am Arm gepackt, unsanft auf die Wippe gesetzt und sich mit ihrem vollen Gewicht auf die andere Seite geworfen.“ Dadurch sei der kleine Junge in die Luft katapultiert worden und danach mit der Nase auf die Wippe geknallt sein. Der Kfz-Mechatroniker: „Wir haben diese Frau wegen Körperverletzung angezeigt.“
Vergrößern Die Erzieherin soll den Jungen auf diese Wippe gesetzt und in die Luft katapultiert haben
Foto: Siegfried Kiener
Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Lilo B. Sie streitet die Vorwürfe ab. Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl. „Ihre Kollegin belastet sie aber.“ Im Kindergarten sind inzwischen Ferien, die betroffene Erzieherin soll gekündigt haben. Vater Wabischewitsch: „Der Bürgermeister hat sich per Brief im Namen der Gemeinde bei uns entschuldigt. Er schreibt von einer Kurzschlussreaktion der Frau. Wir suchen jetzt aber trotzdem neue Kitaplätze.“
Berlin (dts Nachrichtenagentur) - In der Bundesregierung ist ein Streit über die Rechte von Eltern entbrannt: Bundesjustizminister Heiko Maas wendet sich nach Informationen des Nachrichten-Magazins "Der Spiegel" gegen Pläne von Familienministerin Manuela Schwesig (beide SPD), die Stellung von Pflegeeltern zu stärken. Das geht aus einem Schreiben von Maas an die Justizminister der Länder hervor, das dem "Spiegel" vorliegt. Schwesig hatte zuvor angeregt, Pflegeeltern in der Regel die Vormundschaft von Kindern zu übertragen, wenn sie sich dauerhaft um sie kümmern.
Maas lehnt dies ab. Er sei sich zwar "der besonders großen Bedeutung bewusst, die Kontinuität und Sicherheit für Kinder in Pflegefamilien" haben, schreibt Maas. Eine gesetzliche Regelung sei aber "derzeit nicht angezeigt". Es gebe hohe verfassungsrechtliche Hürden für die Einschränkung der Elternrechte. Im Grundgesetz ist das Vorrecht der leiblichen Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder verankert. Er wolle das Thema aber "im Blick behalten", so Maas.
Der sog. Jugendhilfeetat in Deutschland, beläuft sich auf ! €40 Milliarden/jährl. und hält das Kindesraubsystem zzgl. weiterer Steuerzahlerkosten am Laufen, um Arbeitsplätze rund um den fiktiven Begriff "KINDESWOHL" und den KinderSelektionsbegriff aus der Nazizeit "ERZIEHUNGS(UN)FÄHIGKEIT, zu sichern.
Mehr als 50000 Kinder werden jährlich, ob sie wollen oder nicht, mit sog. Jugendhilfemassnahmen zum sog. "Kindeswohl" belegt. Fast 13000 Kleinkinder bis zu 3 Jahren darunter.
Jeden Tag werden in Deutschland ! 150 Säuglinge und Kinder bis zu 18 Jahren aus intakten Familienverhältnissen gewaltsam aus dem zu Hause deportiert und separiert von den Eltern, Geschwistern und Verwandten in ghettoähnlichen Behausungen, meist weit entfernt von ihrenFamilienuntergebracht. Heimweh wird mit Medikamenteneinsatz betäubt und es folgt eine Odysse des Leidens und der Traumata. Die meisten Kinder sehen ihre Eltern nie wieder. Den Kindern wird gesagt, deine Eltern wollen dich nicht mehr, sie sind psychisch krank oder sie sind tot.
Kinder werden grundlos mit staatlich organisierten faschistoid anmutenden Überfallkommandos im MorgenGrauen aus ihrem zu Hause verräumt und ohne persönliche Habe, an unbekannte Orte verbracht. Szenen wie aus dem Dritten Reich.
Zwangsenteignete Eltern werden anschliesend mundtot gemacht, kriminalisiert, psychiatrisiert. Unter Zuhilfenahme wird sich dann weiteren Gerichtspersonals bedient, welcher in seinem amtlichen Grössenwahn die Paranoia gegen Kinder und Eltern weiterführt. Es wird im straf"rechtlichen"Nachhall weiter gelogen und gebogen, passend gemacht, was nicht im entferntesten zusammen passt.
Es ist erschreckend, wieviele Entscheidungen das Bundesverfassungsgericht 2014 zum Thema Sorgerecht und Inobhutnahme zugunsten der betroffenen Eltern treffen musste. Und das sind zumeist immer die gleichen 3 Richter. Kirchhof, Britz, Eichberger. Das grösste Problem und die grösste Gefahr, nach dem Jugendamt, sind unbelehrbare erheblich mangelhaft ausgebildete, sozial inkompetente Familienrichter an den Amts-und Oberlandesgerichten.
Es macht regelrecht Freude, den brandaktuellen Beschluss des OLG Brandenburg zur Herstellung des gemeinsamen Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern zu lesen, denn deutlich und unmissverständlich wie selten stellt das OLG Brandenburg unter anderem fest: gäbe es keinen Konflikt, gäbe es keinen Sorgerechtsprozess. Eine Ablehnung der gemeinsamen Sorge mit einem Konflikt zu begründen führe daher den Rechtsweg ad absurdum.
Was war geschehen?
Ein unverheirateter Vater stellte Antrag auf Herstellung der gemeinsamen Sorge für sein sechsjähriges Kind. Die Kindesmutter widersprach dem Antrag und beantragte Abweisung mit der Begründung, eine Kommunikation der Eltern sei nicht möglich, daher schade eine gemeinsame Sorge dem Kindeswohl. Das Jugendamt folgte dieser Argumentation, während der Verfahrensbeistand vorschlug, zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Mutter alleine zu belassen, um deren Ängste, der Vater wolle ihr das Kind wegnehmen, zu mildern.
In der ausführlichen und wirklich lesenswerten Begründung des Beschlusses, mit welchem das OLG den Beschluss des Amtsgerichts kassiert und die gemeinsame Sorge herstellt, zeichnet sich ein Argumentationsstrang ab, der schon seit einer geraumen Weile von Väterrechtsgruppen geführt und auch von uns in früheren Artikeln bereits aufgegriffen worden ist:
Wenn es dazu kommt, dass ein nicht ehelicher Vater einen Antrag auf das gemeinsame Sorgerecht stellen muss, impliziert das einen Konflikt um die Sorgerechtsfrage zwischen den Eltern. Andernfalls würde die gemeinsame Sorge durch eine entsprechende Erklärung beim zuständigen Jugendamt herzustellen und es würde gar kein involviertes Gericht benötigt. Dann jedoch – im Falle eines solchen Antrages – auf die Uneinigkeit der Eltern abzustellen und den Antrag mit dieser Begründung abzuweisen, führt die Möglichkeit, einen solchen Antrag zu stellen, ad absurdum und hebelt quasi die Gesetzesnovellierung aus.
Außerdem, so das OLG in anderen Worten, sollten die Eltern, wenn sie schon zu negativer Kommunikation in der Lage seien, was unter anderem durch E-Mails ersichtlich wurde, welche die Kindesmutter vorlegte, auch in die Pflicht genommen werden können, diese Kommunikation konstruktiv zu entwickeln. Der Beschluss in voller Länge ist einsehbar auf den Seiten des Bürgerservice Berlin: OLG Brandenburg 13 UF 50/15 vom 3.08.2015
Oftmals geht es in familienrechlichen Verfahren darum, eine Kindeswohlgefährdung durch die Eltern, nachzuweisen. Die Fragestellung nach der Erziehungs(un)fähigkeit ist zwar noch üblich, jedoch nicht zielführend, da nicht ermittelbar und sogar das Thema verfehlt. Fraglich ist ohnehin, warum Gutachten überhaupt derart häufig angefordert werden.Das ist zwar auch oftmals noch üblich, aber vielleicht nicht wirklich nötig.
Die NSV (nationalsozialistische Volkswohlfahrt) hatte !17 Mio. Mitglieder, die nur auf das “Wohl” der Kinder ausgerichtet war. In einem fein strukturierten System aus Gutachtern, Heimpersonal etc., die die Kategorisierung der “Wertigkeit” von Kindern zu bestimmen hatten und in der “Erziehungsberatung” tätig waren.
Der Begriff “Erziehungs(un)fähigkeit” kommt ganz klar aus der NaziZeit und wird heute für die fast identische Selektion von Kindern und Familien verwendet, um “Massnahmen” zu rechtfertigen, die sonst nicht zu rechtfertigen wären.
Beim Jugendamt sind sie genervt von den Orlowskis, das weiß er, und haben sich beim Stadtamt beschwert, man könne ja nicht mehr arbeiten, der Amtsfriede sei gestört, wenn die da am Montagnachmittag vor der Tür ihre Schilder hochhalten, die pensionierte Bio- und Mathe-Lehrerin Flyer verteilt und der pensionierte Sport- und Deutsch-Lehrer durchs Megafon seine Empörung kundtut, seine Empörung und seinen Zorn, und dabei manchmal sogar den Verkehrslärm übertönt.
Die Orlowskis sollen das lassen, findet man beim Jugendamt. Die sollen da weg. Die Familie stört. Aber die Orlowskis sind schon am richtigen Ort. Denn sie demonstrieren ja gegen das Jugendamt. Das hat ihnen den Enkel geklaut, sagen die Orlowskis. Ihnen, und vor allem ihrem Sohn Florian das Kind, den Sohn Christian.
Geklaut, naja – also weggenommen auf jeden Fall. Das kann auch das Amt nicht bestreiten. Tatsächlich steigt die Zahl der Inobhutnahmen in ganz Deutschland. Und in Bremen, wo der Spardruck einst den Tod des Kindes Kevin mitverursacht hatte, ist das Pendel längst auf der Gegenseite angekommen.
Schon kurz nach Amtsantritt hatte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) die Landesregierung dafür gefeiert, dass sie „80 Prozent mehr für Inobhutnahmen“ ausgebe. Im vergangenen April war ihr wichtig klarzustellen, dass keine andere Stadt so viele Kinder in Heimen und Pflegefamilien unterbringt. Auch wenn sie noch darauf hinweist, dass die Inobhutnahme immer das letzte Mittel sein muss – im Jugendamt liest man die Zahl längst, wie eine Produktivitätsziffer.
Sehr schön belegt das ein Posting ausgerechnet des Bürgerbeauftragten des Amtes für Soziale Dienste: An den soll man sich wenden, wenn man Probleme hat, mit den Maßnahmen der Behörde. Auf Facebook hat er eine Nachricht über die rasante Steigerung der jugendamtlichen Gefährdungseinschätzungen eingestellt. Und er hat sie kommentiert. „Wow, sind wir fleißig!“, schreibt er. Sehr kurz, sehr knackig.
Und sehr prägnant.
„Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen“, so hat das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich noch einmal klargestellt, „muss das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist.“
Da muss bereits ein Schaden eingetreten sein, „oder eine Gefahr in einem solchen Maße bestehen, dass sich eine erhebliche Schädigung mit Sicherheit voraussehen lässt“.
Nach Mitteilung von anwaltlichen Bevollmächtigten existiert eine besorgniserregende Rechtsunkenntnis bei FamilienrichterInnen bezüglich der notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen zum Entzug des Sorgerechtes und eine vollständige Trennung der Kinder von ihren Eltern.
1. Gesetzes- und verfassungswidrige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes zum Zwecke der (vorläufigen) Heimunterbringung Gesetzes- und rechtswidrig ist insbesondere die in einigen Familiengerichten übliche Praxis bei Jugendamtsanträgen gem. § 1666 BGB ohne Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1666 BGB und vor Prüfung von milderen Maßnahmen gem. § 1666 a (= Hilfen zur Erziehung) das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf das Jugendamt zu übertragen und die Kinder, ohne dass eine bereits eingetretene Kindeswohlgefährdung nachgewiesen wäre, unter Belassung des Sorgerechtes von den Eltern zu trennen.
Der Gesetzgeber hat in den Gesetzgebungsmaterialien (= Bundestagsdrucksachen und Stellungnahmen von Fachexperten) mehrfach deutlich gemacht, dass eine Trennung eines Kindes von den Eltern der schwerste denkbare Eingriff in das grundrechtlich geschützte Elternrecht darstelle. Das Bundesverfassungsgericht hat ebenfalls bereits zahlreiche Gerichtsbeschlüsse wegen Missachtung des in diesem Grundsatz enthaltenen schweren Grundrechtseingriffes und der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebotes aufgehoben.
Obwohl der Gesetzgeber klare Tatbestandsvoraussetzungen für einen solchen schweren Eingriff formuliert und ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass vor einem Sorgerechtsentzug und vor der Trennung der Kinder von den Eltern eine Kindeswohlgefährdung bereits eingetreten sein , bzw. objektiv nachgewiesen sein muss, stellen Rechtsanwälte und Beistände vielfach fest, dass auch ohne eine bereits eingetretene Kindeswohlgefährdung rein vorsorglich Kinder fremd untergebracht werden.
Die Praxis der Familiengerichte, das Sorgerecht gesetzeskonform wegen Fehlens der Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 1666 a BGB nicht zu entziehen, jedoch mit Hilfe der unzulässigen Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf das Jugendamt einen "kalten" Sorgerechtsentzug durchzuführen, erfolgt rechtswidrig. Es existiert auch keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage wonach das Aufenthaltsbestimmungsrecht, welches zum Kernbestandteil des elterlichen Sorgerechts zählt, isoliert auf das Jugendamt übertragen werden kann. Das elterliche Sorgerecht ist in diesem Sinne nicht aufteilbar.
Auch das Jugendamt handelt gesetzes- und rechtswidrig, wenn dieses aus der rechtswidrigen Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes das Recht gewissermaßen zur "Gefangennahme" der Kinder und als Recht zur zwangsweisen Unterbringung der Kinder missbraucht.
Ein damals einjähriges Kind erhält 7000 € Schmerzensgeld, weil es Opfer eines schuldhaft pflichtwidrigen Handelns des Jugendamtes geworden war, das es sechs (!) Tage lang in einer Pflegefamilie untergebracht hat. Das entschied nach einer Verfassungsbeschwerde das OLG Dresden am 30.04.2013 (s.u.), weil es für "gesichert" hält, "dass die Trennung des Kleinkindes von seinen leiblichen Eltern zu den schwerwiegendsten psychischen Einwirkungen auf ein Kleinkind gehört".
Feststeht lt. Beschluss des Sächsischen Verfassungsgerichtshofesvom 19.07.2012, 1. dass Jugendämter für pflichtwidriges Handeln haften, 2. dass ein Kind ein Rechtssubjekt ist, 3. dass eine (auch eine erzwungene) Trennung eines Kindes von seinen Eltern traumatisch ist, 4. dass man das Ausmaß der Traumatisierung schwer abschätzen kann, aber dass sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründet. Für die Richter ist die psychische Misshandlung eines Kindes durch vorsätzlich herbeigeführten Elternverlust eine ernstzunehmende Sache.
Bemerkenswert ist, gemessen an der in Deutschland gezahlten Entschädigung eines unschuldig Inhaftierten, die Höhe des Schadensersatzes: mehr als 1000 € pro Tag! Das OLG Dresden schließt sich der Auffassung des Landgerichts München an, "dass das Herausreißen des Kindes aus der familiären Umgebung und die nahezu vollständige Trennung des Kleinkindes von seinen Eltern mutmaßlich zum Schlimmsten gehört, was dem Kind aus seiner subjektiven Kleinkindsicht heraus widerfahren kann":
Strenge Erziehung mit Pflichten im Haushalt begründet keine Kindeswohlgefährdung Bild: Haufe Online RedaktionAllein der Wille einer Jugendlichen, nicht im Haushalt der Eltern leben zu wollen, rechtfertigt keinen Sorgerechtsentzug im Wege der einstweiligen Anordnung. Der Wunsch einer Jugendlichen und das Elternrecht sind vielmehr einer umfassenden Interessenabwägung zu unterziehen.
Eine 13-jährige Jugendliche, wandte sich im Juni 2014 hilfesuchend an ihre Lehrerin, weil sie es zuhause bei ihren Eltern nicht mehr aushielt. Sodann wurde sie beim Jugendamt vorstellig und beantragte ihre Inobhutnahme mit der Begründung, ihr Vater schlage ihr regelmäßig ins Gesicht. Zwischen ihr und ihrem Vater komme es ständig zu Auseinandersetzungen. Der Vater erziehe sie übermäßig streng, sie müsse zuhause Zementsäcke schleppen, Holz hacken und ständig nach dem Essen den Tisch abräumen. Die häuslichen Verhältnisse belasteten sie psychisch schwer, so dass sie sich schon mehrfach die Arme aufgeschlitzt habe. Sie hätte innerhalb der Familie bei ihrer Halbschwester Aufnahme gefunden und wolle dort vorläufig bleiben.
Familiengericht entzieht den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht
Das Jugendamt stellte darauf den Antrag, den Kindeseltern u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und bis zur Entscheidung in der Hauptsache insoweit eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Das Gericht erließ im Hauptsacheverfahren einen Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Beurteilung des Kindeswohls und entzog gleichzeitig durch einstweilige Anordnung den Kindeseltern antragsgemäß unter anderem vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht, und zwar solange, bis in der Hauptsache entschieden werden könne. Hiergegen legten die Kindeseltern Beschwerde ein.
Eingriff in das Sorgerecht der Eltern nur bei Gefährdung des Kindeswohls
Das zweitinstanzlich mit der Sache befasste OLG stellte klar, dass gemäß §§ 1666, 1666a BGB eine Entziehung des Sorgerechts bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teil des Sorgerechts nur zulässig ist, wenn ansonsten das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Dies sei nur der Fall, wenn
die Eltern die elterliche Sorge missbräuchlich ausüben,
die Eltern das Kind schwer vernachlässigen,
das geistige oder leibliche Wohl des Kindes bei den Eltern gefährdet ist,
die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, Gefahren von dem Kind abzuwenden,
die Eltern verschuldet oder unverschuldet wiederholt in der Erziehung schwer versagen.
Entwicklungsprognose auf möglichst verlässlicher Grundlage
Vor diesem Hintergrund fordert der OLG-Senat eine möglichst fundierte Prognose über die zukünftige Entwicklung des Kindes unter der Obhut der Eltern und verweist hierbei auf die Rechtsprechung des BVerfG. Hiernach sei ein Eingriff in die elterliche Sorge durch ein Gericht nur zulässig, wenn die weitere Entwicklung des Kindes ansonsten mit ziemlicher Sicherheit zu einer Schädigung des geistigen oder seelischen Wohls des Kindes führe (BVerfG, Beschluss v. 15.12.2004, XII ZB 166/03). Diese vom Verfassungsgericht gestellten Anforderungen verlangen nach Auffassung des Senats nach einer besonders sorgfältigen Sachverhaltsermittlung durch das Gericht.
Je stärker der Eingriff in das Elternrecht, umso exakter muss das Gericht prüfen
Für die zu treffende Entscheidung des Gerichts seien die Anforderungen an die Begründung durch das Gericht umso höher, je mehr durch den Beschluss Unabänderliches bewirkt werde. Hierbei sei davon auszugehen, dass die Trennung der leiblichen Eltern von ihrem Kind einer der stärksten vorstellbaren Eingriffe in das Elternrecht sei.
Holzhacken ist sozialadäquat
Als Konsequenz aus diesen Grundsätzen verwendete das OLG viel Mühe auf die Bewertung der Schilderungen des Kindes und kam zu dem Ergebnis, dass diese teilweise nicht stimmig seien und im übrigen einen Eingriff in das Sorgerecht der Eltern nicht rechtfertigen würden. So habe die 13-jährige behauptet, ihr Vater habe einmal so fest zugeschlagen, dass ihr ein Stück Zahn abgebrochen sei. Eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes hätte aber nicht zu einer Bestätigung dieser Aussage geführt. Bewiesen sei lediglich eine einmalige Ohrfeige. Sollte die Tochter darüber hinaus tatsächlich Holz hacken und häufig den Essenstisch abräumen müssen, so falle dies unter den Erziehungsprimat der Eltern und sei noch dem Bereich sozialadäquaten Verhaltens zuzuordnen. Eine möglicherweise überdurchschnittliche Arbeitspflicht einer Jugendlichen im Haushalt der Eltern begründe jedenfalls für sich noch keine Kindeswohlgefährdung. Das Aufschlitzen der Arme deutet nach Auffassung des Senats zwar auf eine psychische Störung hin, jedoch hätten die Eltern sich bereit erklärt, ihre Tochter an einer Therapie teilnehmen und mögliche psychische Störungen aufarbeiten zu lassen.
Vorrang des Elternrechts
Das OLG ging auch auf die vor Gericht geäußerte erhebliche Abneigung der Jugendlichen ein, wieder in ihr Elternhaus zurückkehren zu müssen. Nach Auffassung des Senats ist der Wille einer 13-jährigen bei einer solchen Entscheidung zwar grundsätzlich zu beachten, er stehe aber nicht an erster Stelle, vor allem dann nicht, wenn die Eltern nachvollziehbare Bedenken gegen einen Aufenthalt der Tochter bei der Stiefschwester äußerten. Zum einen hätten die Eltern plausibel dargelegt, dass die Stiefschwester ihrer dreizehnjährigen Tochter zu viel erlaube und zu wenig erzieherisch auf sie einwirke, darüber hinaus beeinflusse die Stiefschwester ihre Tochter negativ gegen ihre Eltern. Diese Einwendungen seien nicht von der Hand zu weisen. Eine Abwägung des Elternrechts mit dem von der Tochter geäußerten Wunsch führe hier zum Vorrang des Elternrechts.
Entscheidung des OLG äußerst umstritten
Vor diesem Hintergrund enthält die einstweilige Anordnung des Familiengerichts nach Auffassung des OLG einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 6 GG geschützte Elternrecht. Das OLG hob die einstweilige Anordnung des AG daher auf. Von Kommentatoren wurde die Entscheidung des OLG, die Jugendliche wieder in die Obhut der Eltern zurück zu zwingen, teilweise heftig kritisiert. Die Entscheidung berücksichtige nicht in angemessener Weise das in § 1631 Abs. 2 BGB kodifizierte Recht eines Kindes auf gewaltfreie Erziehung.
(OLG Hamm, Beschluss vom 20. Juni 2015, 4 UF 16/15).
21 WF 158/15 4 F 84/09 Amtsgericht Zeven Beschluss In der Familiensache betreffend den Umgang mit A. M., geb. am …, Verfahrensbeistand: Rechtsanwältin A. van B., Zeven,
Beteiligte: 1. C. M., Kindesmutter, Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. G., Zeven, 2. I. G., Bremen,
3. Kreisjugendamt Rotenburg, Nebenstelle Zeven, Mückenburg 26, 27404 Zeven, hat der 21. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. M. als Einzelrichter am 27. Juli 2015 beschlossen: Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, festsetzenden Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Zeven vom 8. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Die Kindesmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beschwerdewert beträgt € 2.500,-.
Gründe: Die nach den §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ZPO zulässige Beschwerde der Kindesmutter ist unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung ein Ordnungsgeld gegen die Kindesmutter verhängt, weil sie gegen den Umgangsbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Zeven vom 4. Juli 2011 in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 4. April 2012 beharrlich verstoßen hat und weiterhin verstößt. Insofern kann auf den angefochtenen Beschluss verwiesen werden.
Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann das Gericht bei einer Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel über den Umgang mit einem Kind Ordnungsmittel in Form eines Ordnungsgeldes und ersatzweiser Ordnungshaft verhängen. Taugliche Vollstreckungstitel sind gemäß § 86 FamFG Beschlüsse oder gerichtlich gebilligte Vergleiche, soweit insofern auf die Möglichkeit hingewiesen worden ist, Ordnungsmittel festzusetzen (vgl. § 89 Abs. 2 FamFG; BGH FamRZ 2011, 1729 ff.). Angesichts dessen liegen die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes vor: Der Umgang ist durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 4. April 2012 rechtskräftig dahingehend geregelt, dass der Kindesvater ab Samstag, dem 1. September 2012 in zweiwöchigem Abstand, jeweils Samstag von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr das Recht zum unbegleiteten Umgang mit seiner Tochter A., geboren am …, hat. Diese Regelung stellt eine taugliche Vollstreckungsgrundlage dar.
Um aus einem gerichtlichen Beschluss über den Umgang die Vollstreckung betreiben zu können, ist der Umgang darin nach Ort und Zeit genau und erschöpfend festzulegen (vgl. ausdrücklich BGH FamRZ 2012, 533 ff.; zum alten Recht: OLG Celle FamRZ 2006, 556). Angesichts der dem Umgangsberechtigten zustehenden Freiheit, den Umgang nach seinem Ermessen zu gestalten, bedarf es dafür lediglich der Festlegung konkreter Termine, zu denen der Berechtigte das Kind abholt und wieder zurückbringt. Dies ist hier gewährleistet, weil sich die Umgangstermine mit Hilfe eines Kalenders ohne weiteres bestimmen lassen. Auch der Ort der Übergabe ist in den Gründen des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Zeven vom 4. Juli 2012 (der insofern nicht durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 4. April 2012 abgeändert worden ist) ausdrücklich festgelegt. Danach soll der Kindesvater A. bei der Kindesmutter abholen. Weiterer Bestimmungen, etwa zur Art der von den Kindeseltern geschuldeten Mitwirkungshandlungen, bedarf es für die Vollstreckbarkeit nicht (vgl. für das seit 2009 geltende Recht: BGH FamRZ 2012, 533 ff.). Auch der Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung ist im auch insoweit nicht abgeänderten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Zeven vom 4. Juli 2012 enthalten. Diesen Hinweis hat das Amtsgericht zudem im Termin vom 11. Februar 2015 ausdrücklich wiederholt. Angesichts dessen liegt eine der Vollstreckung zugängliche Regelung, bei deren Verstoß die in § 89 FamFG genannten Ordnungsmittel verhängt werden können, vor.
Gegen diese bestehende Regelung hat die Kindesmutter seit April 2014 unstreitig verstoßen, indem sie keinen unbegleiteten Umgang des Kindesvaters mit A. ermöglicht hat. Dies rechtfertigt die Verhängung eines Ordnungsgeldes. Im Falle eines Verstoßes gegen eine Umgangsregelung hat die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann zu unterbleiben, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aufgrund derer er den Verstoß nicht zu vertreten hätte. Davon kann vorliegend keine Rede sein. Weder trägt die Kindesmutter eine nachhaltige Weigerung des Kindes vor noch erklärt sie, auf welche Weise sie sich bemüht hätte, die gemeinsame Tochter zum Umgang mit dem Vater zu motivieren. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Kindesmutter den Umgang aktiv zu verhindern sucht, so dass nicht von einem unverschuldeten Verstoß gegen die Umgangsregelung aus zugehen ist. Gründe des Kindeswohls schließen es vorliegend nicht aus, ein Ordnungsgeld zu verhängen. Grundsätzlich dient das Vollstreckungsverfahren nur dazu, den im Erkenntnisverfahren festgelegten Umgang auch durchzusetzen. Eine Überprüfung, inwiefern der festgelegte Umgang dem Kindeswohl entspricht, findet daher im Vollstreckungsverfahren nicht statt (vgl. BGH FamRZ 2012, 533ff.; OLG Saarbrücken ZKJ 2012, 398 ff.). Abweichendes gilt nur, soweit neu eingetretene Umstände die Abänderung des bestehenden Umgangstitels und die darauf gestützte einstweilige Einstellung der Vollstreckung gebieten (vgl. BGH FamRZ 2012, 533 ff. m. w. N.). Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die 2012 getroffene Regelung, die die Beteiligten im Termin vom 11. Februar 2015 erneut bestätigt haben, mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren wäre, sind überhaupt nicht erkennbar.
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes steht nach § 89 Abs. 1 FamFG im Ermessen des vollstreckenden Gerichts. Dieses Ermessen hat das Amtsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeübt, der Senat schließt sich der entsprechenden Wertung durch das Amtsgericht an. Die hartnäckige und mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbarende Verweigerungshaltung der Kindesmutter, die seit mehreren Jahren ihre gegenüber dem Kind und dem Vater gleichermaßen bestehende gesetzliche Verpflichtung, den Kontakt mit derw anderen Elternteil zu fördern (vgl. § 1684 Abs. 2 BGB) missachtet, gebietet es, ein empfindliches Ordnungsgeld zu verhängen. Die Höhe der vom Amtsgericht gewählten Sanktion ist deshalb nicht zu beanstanden; sollte das vorliegende Ordnungsgeld die Kindesmutter nicht zur Änderung ihres Verhaltens bewegen können, so käme in Zukunft auch die unmittelbare Anordnung von Ordnungshaft in Frage. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG, bei der Festsetzung des Beschwerdewertes hat sich der Senat an der Höhe des festgelegten Ordnungsmittels orientiert. Quelle: http://www.kanzleibeier.eu/olg-celle-empfindliches-ordnungsgeld-gegen-die-umgangsverweigernde-kindesmutter-von-2-500-euro-ist-zu-recht-erfolgt/